Recap eMetrics Summit 2013 in Berlin

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Eindrücke von der Digital Analytics-Konferenz

Mit einer großen Portion Vorfreude bin ich Anfang dieser Woche nach Berlin zur diesjährigen eMetrics gereist. Meine großen Erwartungen konnten voll und ganz erfüllt werden – ich habe eine Menge neuer Ideen, Methoden und Anwendungsbeispiele aus der Veranstaltung mitgenommen. eMetrics bietete die perfekte Gelegenheit, um von dem kollektiven Know-How zu profitieren und sich weiterzubilden.
Da viele Vorträge sehr gut zueinander passten und insgesamt einen roten Faden bildeten, habe ich meine Eindrücke in diesem Beitrag nach Themen zusammengefasst. Daraus ist eine kleine Analyse des aktuellen Status quo der Branche entstanden.

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Institutionalisierung der Webanalyse in Unternehmen schreitet voran

Die Organisationsstrukturen im Bereich Webanalyse werden in den großen Unternehmen immer professioneller. Die Vorstellung von einem Webanalysten als Einzelkämpfer mag in den kleineren Unternehmen noch sinnvoll sein, in den großen Firmen ist aber ein solches Modell schon längst überholt. Bei Otto oder bei Xing geht es um ganze Gruppen bzw. Abteilungen mit mehreren Mitarbeitern, die sich mit dem Thema beschäftigen.

Laut Andreas Stuht gibt es bei Otto auch Spezialisierungen innerhalb der Webanalyse: Tracking, Analyse und Conversion-Optimierung. Ein interessanter Trend, der sich in Zukunft vielleicht noch verstärken wird. Irgendwann werden wir möglicherweise von den spezialisierten Onsite- und Offsite-Webanalysten, Mobile- und Landingpage-Webanalysten sprechen.

Die Wertschöpfungskette in der Webanalyse wird professioneller. Michael Roth von Xing arbeitet in der Webanalyse agil: über ein Kanban-Board werden die Aufträge dokumentiert und bearbeitet, es wird mit JIRA-Ticketsystem gearbeitet, man strebt nach ständigen Verbesserungen und pflegt die „Just in time“-Webanalyse. Die streng durchdachte Prozessorganisation soll ein ineffizientes Multitasking vermeiden – ein Fehler, der im Online-Marketing meiner Meinung nach zu Lasten der Qualität viel zu oft begangen wird.

Trotz der genannten organisatorischen Professionalisierung bleibt die analytische Komponente oft auf der Strecke. Der Input von den Analysten in Form von Zahlen wird in Unternehmen sehr geschätzt. Die Webanalysten selbst dürfen jedoch selten Ideen aus dem eigenen Anstoß umsetzen. Die Themen werden eher von oben herab an die Abteilungen herangetragen.

Entsprechend groß war in den einigen Vorträgen der Aufruf, die Webanalysten mögen doch selbst die Macht in der Entscheidungsfindung übernehmen. Zum Beispiel in einem sehr emotionalen und sehr „amerikanischen“ 🙂 Vortrag von Natalie Kortum von Dell. Hier ein paar Tipps von Natalie Kortum:

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Auch Jim Sterne hatte in seiner Key Note Tipps gegeben, wie man eigene Ideen kommunizieren sollte:

• Tell stories instead of delivering reports
• Leave off the sausage making details
• Tie everything to the bottom line
• Help individuals achieve their goals
• Have an opinion

Technische Umsetzung: Webanalyse ist nicht nur Google Analytics

Nach meinem persönlichen Eindruck nutzen relativ wenige Großunternehmen, die sich ernsthaft mit Digital Analytics beschäftigen, die kostenlose GA-Version. Das Gratis-Tool hat sicherlich seine Nische verdient, aber eher als Tool für kleine Websites. Webanalysten, die ich auf der eMetrics kennengelernt habe, haben entweder Omniture oder Webtrekk im Einsatz. Google Analytics Premium ist sicherlich auch eine Alternative, erscheint mir aber im Moment noch viel zu teuer.

Als statistisches Tool ist die Software R sehr verbreitet. Dr. Andreas Stadie nutzt R, um die Regressionskoeffizienten aus den Website-Daten zu berechnen. Matthias Böck von Feld M verwendet Shiny, um die Ergebnisse aus R managementtauglich zu visualisieren.

Tracking: Dynamische Websites und Verknüpfung mit DWH

Im Bereich Tracking gibt es einige neue Entwicklungen.

Spannend fand ich den Ansatz von Otto Group, wonach die klassische Page View-Messung eigentlich schon überholt ist und man bei den modernen Websites vielmehr auf das Event-Tracking setzen soll. Denn in der Welt des dynamischen Webs gibt es oft keine richtigen „Seiten“ als Messeinheit. Zahlreicher Content wird auf einer einzigen Seite vorgeladen und bei Bedarf dem Nutzer ohne Seitenwechsel ausgespielt. Das bedarf einer völlig neuen Systematik in der Messung der Interaktion mit der Website. Man kann zum Beispiel Scrolltiefen und Scrollweiten messen, besondere CTR für die Nutzung der dynamischen Inhalte definieren oder Personalisierung der Seiten messen.

Viele Unternehmen verknüpfen ihre Webanalyse-Rohdaten mit Data-Warehouse. Für Yello Strom ist die Webanalyse nur ein „weiteres Quellsystem“ innerhalb der BI-Infrastruktur. Durch die Verknüpfung schafft man viele Mehrwerte, zum Beispiel die Analyse des Website-Verhaltens in Abhängigkeit von den demographischen Daten.

Angewandte Statistik und Digital Analytics

Mich haben schon immer Bücher über die Webanalyse gewundert, die kaum ein Zahlenbeispiel oder eine Formel enthalten. In Zukunft sollte es aber seltener vorkommen. Denn Webanalyse ist eine datengetriebene Disziplin und muss in ihrem Kern auf Mathe basieren.

Wegweisend finde ich deswegen den Vortrag von Dr. Andreas Stadie „Digital Analytics“ meets „Statistics“. Er hat einige sehr spannende Anwendungsmöglichkeiten der Statistik gezeigt:

  • Fragestellung: Soll der Preisvorteil den Usern auf der Seite angezeigt werden? Es gibt mehrere Einflussfaktoren, wie Preissensibilität der Kunden, Geschlecht, Gemeindegröße. Die Aufgabe wird mit einer logistischen Regression gelöst. Man erhält eine Entscheidungsgrundlage, um sich je nach gegebenen Faktoren für oder gegen das Einblenden des Preisvorteils zu entscheiden.
  • Clustering von Klickpfaden in den ersten 5 Minuten auf der Seite nach Käufern und Nicht-Käufern.
  • Schätzung des Einflusses der TV-Spot-Schaltung auf die Visits der Website mit Transfer Function Model.

Hier sind noch mehr Anwendungen aufgeführt:

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Meiner Meinung nach wird die Webanalyse künftig von den klassischen naturwissenschaftlichen Fächern noch mehr bereichert.

Selbstverständlich bleibt der Part mit dem Folien-Malen immer erhalten. Aber auch reine Marketing-Menschen, die in der Webanalyse unterwegs sind, müssen laut Dr. Stadie mindestens drei statistische Grundlagen erlernen:

Regressionen, Zeitreihen und Signifikanz

Herausforderungen in der Webanalyse: es ist (noch) nicht alles trackbar

Trotz einer Vielfalt von Tools und Tracking-Lösungen kann immer noch nicht für jede Fragestellung die perfekte Datenqualität erreicht werden.

Im Bereich Attributionsmodell gibt es keine State-of-the-Art-Lösung. Page View-Messung, Cookie-Löscher oder Multichannel-Nutzung machen die ganze Thematik sehr komplex.

Dean Abbott hatte einen wirklich sehr interessanten Vortrag über ein Scoring-Modell für die Messung des User-Verhaltens nach Einstiegskanälen. Aber auch er stößt ganz offensichtlich an die technischen Grenzen, sobald es um ein Multichannel zwischen Online und Offline geht.

Karl Kratz hatte sehr spannende Ansätze für das cookie-unabhängige Wiedererkennen der Nutzer. Die Methoden liegen aber leider jenseits des White-Hat-Bereichs.

Fazit

Was macht eine solche Veranstaltung in meinen Augen spannend und erfolgreich? Inhalt, Inhalt und nochmals Inhalt! Das ist eMetrics in diesem Jahr hervorragend gelungen. Dafür mein persönlicher Dank an Matthias Bettag.

Ich würde mir für die Zukunft einen weiteren Ausbau des praxisnahen, analytischen und anwendungsbezogenen Teils wünschen. Eine zu managementlastige Ausgestaltung würde die echten Macher in der Szene eher verschrecken (wie OMD zu dmexco mutiert ist weiß man inzwischen). Der Eintrittspreis ist wahrlich kein Schnäppchen und man möchte für das Geld auch einiges an Know-How mitnehmen.

So wie die Veranstalter aber drauf sind, wird sich die positive Entwicklung höchstwahrscheinlich fortsetzen. In diesem Sinne: viel Erfolg und bis zum nächsten Mal!

Weitere Recaps zu eMetrics:

//virtual-commerce.de/webanalyse-konferenz-emetrics-summit-2013-in-berlin/
//blog.namics.com/2013/11/was-die-analytics-branche-bewegt-emetrics-2013.html